Kiefernharz in der Volksmedizin

Text aus: Helene Grünn "Die Pecher", 1960:

Seit altersher gilt Harz als wertvolles Heilmittel. Schon Griechen und Römer kannten seine Kraft: Dioskurides, Celsus und andere empfahlen seine Anwendung bei verschiedenen Krankheiten und Leiden. So suchte man bei Frauenleiden Leichterungen durch Pressorien zu erwirken, bei Husten, Asthma, Krämpfen, Epilepsie, Schwindel, Kopf- ,Zahn- und Ohrenschmerzen sowie Erkrankungen der Stimmorgane hingegen durch Räucherungen.

Bei Leberflecken, Furunkel, Eiterungen und offenen Wunden wurde Harz aufgelegt, bei Harnverhaltungen als treibendes Mittel aufgelegt. Bei Vergiftungen wurde es von den Griechen angepriesen, in Indien wird bei Schlangenbissen eine Mischung mit Knochenmehl und Kalk aufgelegt, wobei seine aufsaugende und desinfizierende Eigenschaft besonders geschätzt ist.

Zu einem Pflaster verarbeitet scheint Harz sowohl in alter wie in neuer Zeit unübertroffen. Harz wird auf ein Leinenband aufgetragen und die kranke Körperstelle wird mit diesem bedeckt. Eine Schmiere aus Pech mit Schweineschmalz lauwarm abgerührt soll mit Erfolg gegen Rheumatismus angewendet werden.

Schon Dioskures bezeichnet solche Salben als wirksam gegen das Anschwellen der Mandeln, des Zäpfchens, bei eiterflüssigen Ohren, gegen Schlangenbisse und bei Schrunden an Fingern und Füßen. Auch empfiehlt Dioskures die Wundbehandlung durch Auflegen trockenen Pechs. Bei Schnittwunden und Verletzungen wird Rohharz aufgelegt das den Schmutz herausziehen und den Heilungsprozess fördern soll. Auch für eiternde Wunden und Geschwüre ist Rohharz gut denn es zieht und heilt selbst die ältesten und hartnäckigsten Krankheiten.

Gegen Erkrankungen der Lunge, gegen Asthma und Engatmigkeit kommen sowohl Harz, Harzdämpfe und Latschenöl zur Anwendung.

Sogar Pechwasser kann mit Erfolg getrunken werden, dies ist das Regenwasser das sich in den Pechhäferln sammelt.

Die ersten Tropfen Pech aus freisch angeharzten Bäumen werden gleichfalls gegen all die genannten Krankheiten verschluckt.

Besondere Heilkraft wird dem ersten Pech des Jahres zugeschrieben. Diese Pechtropfen aus dem ersten Saft der Bäume fängt man mit einem Streichholz auf- es ist das Maipech. auch Jungfernharz genannt.