Kiefernharz aus Sicht der Naturstoffchemie

Einleitung

Um die Zusammensetzung des Schwarzkieferharzes zu beschreiben und seine Wirkung auf den menschlichen Organismus zu verstehen muss man erst einmal einen grundlegenden Überblick nicht nur über die Zusammensetzung sonder auch über die wesentlichen Wirkstoffe des Harzes, der sogenannten "Terpene" schaffen.

(Im Folgenden ein Text aus:

Breitmaier E. Terpene, Aromen, Düfte, Pharmaka, Pheromone. Stuttgart: BG. Teubner; 1999.)

Der Begriff Terpene stammt vom Terpentin (Balsamum

Terebinthinae) ab. Terpentin, das „Kiefernharz“, ist der zähflüssige Balsam mit

seinem angenehm frischen Geruch, welcher beim Anschneiden oder Einkerben aus

der Rinde und dem jungen Holz verschiedener Kiefern (Pinaceae) fließt.

Terpentin enthält die „Harzsäuren“ und einige Kohlenwasserstoffe, die zunächst

herkunftsgemäß als Terpene bezeichnet wurden. Traditionell versteht man unter

Terpenen Naturstoffe weit überwiegend pflanzlicher Herkunft, die durchweg aus

Isopren-Untereinheiten aufgebaut sind.

Schon lange ist bekannt, daß Nadelhölzer, Balsambäume und

Citrusfrüchte, Coriander, Eucalyptus, Lavendel, Lemongras, Lilien, Nelken,

Kümmel, Pfefferminz-Arten, Rosen, Rosmarin, Salbei, Thymian, Veilchen und viele

andere Pflanzen oder deren Teile (Wurzeln, Rhizome, Stengel, Blätter, Blüten,

Früchte, Samen) charakteristische, meist angenehme Düfte verbreiten, würzig

schmecken oder bestimmte pharmakologische Wirkungen entfalten. Terpene prägen

überwiegend diese Eigenschaften; um sie anzureichern, werden die Pflanzen

entweder angeritzt wie zur Produktion des Weihrauchs und der Myrrhe aus

Balsambäumen, hauptsächlich jedoch extrahiert oder wasserdampfdestilliert wie

zur Gewinnung des kostbaren Rosenblütenöls aus den duftenden Blüten bestimmter

Rosenarten. Diese als ätherische Öle bekannten Extrakte oder

Wasserdampfdestillate werden als Rohstoffe („essence absolue“) in der

Parfümerie, zur Geschmacks- und Duftveredelung von Speisen und Getränken sowie

zur Herstellung pflanzlicher Arzneimittel (Phytopharmaka) verwendet.

Die biologische, ökochemische Funktion der Terpene ist

nur lückenhaft bekannt. Viele Pflanzen erzeugen flüchtige Terpene, um bestimmte

Insekten zur Bestäubung anzulocken, andere dagegen als Fraßfeinde zu

vertreiben; weniger flüchtige, jedoch toxische Terpene schützen die Pflanzen

ebenfalls vor Fraßfeinden. Nicht zuletzt spielen die Terpene als Signalstoffe

und Wachstumsregulatoren der Pflanzen (Phytohormone) eine wesentliche, erst in

Ansätzen aufgeklärte Rolle.

Viele Insekten metabolisieren die mit der pflanzlichen

Nahrung aufgenommenen Terpene zu Entwicklungshormonen und Pheromonen. Pheromone

sind Lock- und Signalstoffe (Soziohormone), welche die Insekten zur

Kommunikation mit ihren Artgenossen ausscheiden, z. B. zur Warnung

(Alarmpheromone), zur Markierung von Nahrungsquellen, dem Weg dorthin

(Spurpheromone), von Versammlungsplätzen (Aggregationspheromone) oder zur

Paarung (Sexualpheromone). Sie können auf umweltfreundliche Weise

konventionelle Insektizide ersetzen, indem sie Schadinsekten wie Borkenkäfer

mit ihren eigenen Pheromonen in eine Falle locken.